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Ehe mit Hanni bewusste Entscheidung auf religiöse Grund

Die Ehe mit Hanni war für Jochen Klepper eine bewusste Entscheidung auf religiösem Grunde gewesen. Er sah in seiner Frau die Angehörige des erwählten Volkes, das auch im Abfall noch 'in die Hände seines Gottes zurückfiel'. Die Verbindung mit Hanni Stein band ihn von Stund an selber an das Schicksal - Erhöhung und Leiden - dieses Volkes. (M.14)

Am 23.August 1933 erließen die braunen Machthaber die offizielle durch Hybris und Selbstüberschätzung gekennzeichnete Erklärung: "Mischehen mit Fremdrassigen müssen als das gekennzeichnet werden, was sie sind, nämlich der Grund für geistige und seelische Entartung wie für die Entfremdung dem eigenen Volke gegenüber." Daraufhin wollte sich Kleppers Frau Hanni durchaus scheiden lassen, um ihren Mann für seine 'Karriere' freizubekommen. Aber Klepper wehrte ab. In sein Tagebuch schreibt er darüber, dass seine Frau gemeint habe: "Ich tue an ihr ein Unrecht, dass ich nicht einwillige und dadurch besser für unsere Existenz sorge. Aber es ist keine falsche Moral, die mich hält. Ich kann diesen Entschluss nicht fassen. In diesem 'jüdischen Schicksal', in das Gott einen einbezieht, ist etwas, wogegen ich nicht ankann." (T.88)

Und im Tagebuch heißt es unter dem 25.5.1933: "Was ich bis jetzt gelebt habe, war "mein" Leben in Gott. Und wenn ich nun den Teil eines jüdischen Schicksals erlebe, so ist es "mein" Leben. Ich glaube an alle Leiden von Gott her. Aber ich glaube auch an ein "seliges Schauen", verzeichnete Klepper am 7.9.1933 in sein Tagebuch. "Gott ist es", merkt Heinz Grosch in seinen Schriften über Klepper an, "der ihn dabei führt - kein moralischer Entschluss."

Zugleich erkannte Klepper: "Wenn Menschen das Leben einer deutschen Familie führen, dann sind wir es. Wenn Menschen ohne Heimat und ohne Klarheit und Würde ihrer Umwelt kaum auskommen können, sind wir es. Und diese Mischehe soll nun Volksverrat, Entartung, Zersetzung sein? Beziehung zu Juden und Jüdinnen sollen in Zukunft sogar mit Konzentrationslager bestraft werden. - Noch sind die Kinder völlig unbefangen und haben in der Schule nicht zu leiden. Das Schwerste für Juden dieser Bildungsschicht ist, dass sie derart in Deutschland aufgegangen sind - nur deutsche Landschaft, Sprache, Musik, Literatur, nur deutsche Feste lieben und in der eigenen Herkunft nicht den mindesten Rückhalt und Ersatz haben... Wann wird diese Verängstigung und Entwürdigung ein Ende haben?" (T.95) Er fragt er sich weiter: "Was wird aus jüdischen Dichtern in Deutschland? Wenn einer so Preuße ist wie Hanni? Werde ich nun den Juden gleichgesetzt werden?"

"Die politischen Ereignisse hatten mich völlig verstört", bekennt er am 14./15.10.1933.

Von amtlicher Seite schlägt man Klepper ebenfalls die Scheidung vor. Im November 1938 taucht in den Gesprächen immer mehr die Idee der Zwangsscheidung auf. "Furchtbar schwer ist bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge die Lage der arischen Frauen mit jüdischen Männern" schreibt Klepper und berichtet im November 1939 davon, dass man dem arischen Partner einer Mischehe noch eine 'Anfechtungsfrist' für ein Jahr geben will, "damit er seine Ehe scheiden lassen kann und die 'endgültige Bereinigung des jüdischen Problems möglich wird.'"(T.478) Zwei Jahre später gehen die Nazis noch rigoroser vor.

"Nun werden auch die Juden deportiert", notiert Klepper am 20.12.1941, "die als Partner einer Mischehe mit Rücksicht auf diese - arische Ehegatten wie Mischlingskinder - getrennt von ihrer Familie gewohnt haben...."

Wie Jochen und Hanni Klepper lebten auch einige ihrer Freunde und Bekannte in einer Mischehe, von deren Schwierigkeiten Klepper in seinen Tagebuchnotizen hin und wieder erzählt.


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