Inhaltsverzeichnis |
Widersprüchliches Verhalten der nichtjüdischen Bevölkerung
Wie widersprüchlich sich die nichtjüdische Bevölkerung in der Nazizeit gegenüber Juden verhalten hat, spiegelt sich deutlich in Kleppers Tagebuchnotizen.
7.Januar 1935: "Auch sehen Hanni und ich manchmal wirklich etwas fassungslos, wie einstige erbitterte Gegner des Nationalsozialismus, die ich genau kannte, ohne eine Spur fachlicher Eignung Karriere machen. Das Bedürfnis nach Isolierung muss naturgemäß noch immer weiter wachsen."
2.11.1938: "Genau wie wir stehen Meschkes erschreckt vor dem Faktum, mit welcher Gleichgültigkeit die Christen, auch in Deutschland!, an dem Geschick der Juden vorübergehen, geschweige denn, dass sie erkennen, wie ernst Gott hier mit den Christen redet.-"
25.11.1938: "Indes so viele Menschen, die man nahe glaubte, schweigen, schreiben welche, von denen man es überhaupt nicht erwartete, aufs intensivste.."
10.10.1938: "Aus den verschiedenen 'jüdischen' Gegenden der Stadt hören wir, wie ablehnend die Bevölkerung solchen organisierten Aktionen gegenübersteht. Es ist, als wäre der 1933 noch reichlich vorhandene Antisemitismus seit der Übersteigerung der Gesetze in Nürnberg 1935 weithin geschwunden. Anders steht es aber wohl bei der alle deutsche Jugend erfassenden und erziehenden Hitler-Jugend. Ich weiß nicht, wieweit die Elternhäuser da noch ein Gegengewicht sein können."
15.10.1938: "Wird nun unser 80-Millionen-Volk weiter so gegen den Rest seiner Juden vorgehen? Wann kommt hier die Grenze der Hitlerschen Macht? Es ist doch noch immer unser altes Volk, das dieses Dritte Reich werden ließ! Man spürt es doch noch überall: das alte deutsche Volk!"
23.Oktober 1940: "Weiterhin bringt die arische Bevölkerung den Juden Lebensmittel; vor der Synagoge in der Levetzowstraße soll es zum ersten Mal nahezu Demonstrationen gegeben haben."(557)
Andererseits weiß der Schriftsteller am 16.Oktober 1941 zu berichten, dass "das Tragen des Gelben Flecks unter der Bevölkerung zu keinerlei Schwierigkeiten führte." (552)17.November 1941: "Das Unglück der Juden verkürzt uns nicht den Blick und verengt uns nicht das Herz dafür, welch namenloser Jammer jetzt auf der Welt überhaupt und in Europa besonders herrscht. Aber wiederum sind die Juden ein 'Urbild'." (566)
9.Januar 1942: "Noch nie habe ich gehört, dass gut situierte, hilfsbereite arisch-christliche Kreise sich zusammengetan hätten, Juden nach ihrer furchtbaren finanziellen Beraubung mit Subventionen zu helfen, ihnen heimlich Zuwendungen in Höhe des Verlorenen oder auch nur eines Teils des Verlorenen zu machen."(586)
uhomann@UrsulaHomann.de | Impressum Inhaltsverzeichnis |