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Lachen gehört zur jüdischen Tradition

Vielleicht ist in der Bibel wohl auch deshalb nicht immer ausdrücklich vom Lachen die Rede, weil dieses unter Juden selbstverständlich war. Aber wenn man in der Bibel nach dem Lachen richtig sucht, wird man auch fündig, zum Beispiel in der Geschichte der beiden hebräischen Hebammen Siphra und Pua, die den Befehl des Pharao, alle neugeborenen Hebräerbüblein sofort zu töten, nicht ausführen und deswegen zur Rede gestellt, wacker und pfiffig fabulieren:"Die hebräischen Frauen sind halt nicht wie die ägyptischen, sondern naturwüchsiger, ehe die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie schon geboren."(Moses 1,15-22) Vor dem Hintergrund des Schmerzes um das bittere Sklavenlos der Hebräer signalisiert der mutige Hebammenstreich Rettung, Zukunft, Lachen.

Martin Buber hat in seinen chassidischen Erzählungen viele Beispiele jüdischen Humors gegeben. Damit schließt er an eine religiöse Tradition an. Wenn man die Aggada, den erzählenden Teil des Talmud näher kennt, dann weiß man, wieviel Humor jüdische Väter in ihrem religiösen Leben und Denken bewiesen haben. Sie nahmen sich die Freiheit, humorvoll auf viele Fragen zu reagieren. So sagte zum Beispiel der Gründer des Chassidismus, Rabbi Israel Baal-Schem-Tov: "Gott will frohe Menschen, der Satan will traurige." Die Traurigkeit zieht herunter, während die Freude erhebt. Daher ruft auch der Psalmist: "Dienet dem Herrn in Freuden." Das Lachen gehört zur jüdischen Tradition. Der Talmud enthält zahlreiche Lach- und Lächeltexte. Er weiß um das Lachen, das lockert, entspannt und den Einstieg in ernste Erörterungen ermöglicht. Überdies hat die jiddische Kultur ein Gefühl für komische Widersprüchlichkeiten ausgebildet, das seinesgleichen sucht. Der Widerspruch klaffte zwischen der grandiosen Bestimmung des jüdischen Volkes, wie sie die Religion lehrte, und den elenden Zuständen, in denen Juden in der wirklichen Welt Osteuropas lebten.

Ben-Chorin hatte mit Buber einen Charakterzug gemeinsam, den Humor. Dieser bedeutete für ihn, nach eigenem Bekunden, eine Lebenskraft, "ohne die ich manches gar nicht durchzuhalten vermöchte", sagte er einmal. "Würde ich alles und mich selbst immer ernst nehmen, dann müsste ich an der Welt und an mir verzweifeln.


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