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Die Nachwelt treibt Schabernack mit dem Dichterfürsten

Obwohl der junge Goethe selbst Parodien verfasste wie das Gedicht "An den Kuchenbäcker Händel", auf Clodius, die Anekdote zu den "Freuden des jungen Werther", auf F.Nikolai oder die Parodie von Friedrich Heinrich Jacobis empfindsamen Roman "Woldemar", die er im Kreise der Hofgesellschaft in Ettersburg zum Besten gegeben und damit eine einige Jahre währende Krise seiner Freundschaft mit Jacobi ausgelöst hatte , erklärte er sich später zum "Todfeind von allem Parodieren und Travestieren..,weil dieses garstige Gezücht das Schöne, Edle, Große herunterzieht. Was freilich nicht verhindert hat, dass Goethes Werke vom "Werther" bis zum "Faust" hier am häufigsten die Schülerszene - und nicht zu vergessen seine Balladen wie "Erlkönig", "Der Fischer", "Wanderers Nachtlied" und Mignons "Kennst du das Land.." bald selbst zur Zielscheibe von Parodien wurden.

Goethe ist wohl der am häufigsten parodierte Autor der deutschen Literaturgeschichte, wobei die Parodien auf sein Werk sehr unterschiedlich motiviert sein können: Der Parodist kann den ästhetischen Wert des Originals in Frage stellen und verlachen, oder er kann an die Mustergültigkeit des Originals anzuknüpfen versuchen, um in dessen "Windschatten" eine eigene vom Sinn der Vorlage unabhängige Botschaft zu formulieren. Er kann das parodistische Spiel mit dem Goethe-Original als intellektuelles Spiel mit Bildungswissen inszenieren, oder aber er kann das Spezifische der Rezeptionsgeschichte Goethes parodistisch ins Visier nehmen. Das Spannungsfeld reicht von Nicolais "Freuden des jungen Werther" über Vischers "Faust - der Tragödie dritter Theil" bis zu Kästners "Goethe-Derby".

Eckhart Henscheids "Lesebuch: Unser Goethe" enthält eine Fülle von Parodien auf den Dichterfürsten und seine Werke.

Hier einige Kostproben:

"Wie fatal! /
Im regal, /
Wo gestern /
Göthe stand, /
Schläft heute, /
Dieter Kunzelmann".

Ein Bild zeigt zwischendurch den Weimarer Dichter mit der typischen Loriot-Nase unter der Überschrift "Ein großer Deutscher".

Hier noch die Anfangszeilen einiger anderer Glossen:

Loriot:
"Sah ein Knab' ein Röslein stehn, /
War so schön im Morgenwind, /
Wie ein Elefantenkind.."

(Wendelin in Wum und Wendelin 1977)

"Wer wandert so spät durch Nacht und Wind?/
Ein Dichter mit seinem Musenkind./
Im Arm hält er das Manuskript, /
Sorgfältig hat er es abgetippt."

Oder:

"Wer wandert so spät /
Das ist der Wehner er reitet geschwind /
er hält einen Juso im linken Arm /
er hält ihn sicher dass Gott erbarm."

"Wer nie sein Brot im Bette aß /
Der weiß auch nicht, wie Krümel pieken"
(Volksmund 20.Jh-).

klassisch
Von Hermann Jandl
"das frauerl hat ihren hund /
der hund hat seinen stein /
die stein hat den goethe/
aber wen hast du" /
(aus leute, leute 1970) .

"Wenn die Menschheit einmal wirklich in ihrer Qual verstummt, /
und sich vor lauter verbaler Kommunikation und Soziolinguistik /
schon nichts mehr zu sagen hat, gibt ihr vielleicht ein Satyr, zu /
sagen, was sie leidet."
(aus: Peter Rühmkorf, Kein Apolloprogramm für Lyrik, 1975).


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