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Juden in Brandenburg

Geschichte und Gegenwart

Einleitung

Die Mark Brandenburg und das spätere Preußen werden gern als Musterland religiöser Freiheit gefeiert, weil es tolerante Herrscher besessen habe wie den Großen Kurfürsten und den späteren König Friedrich I. Gleichwohl hat auch hier die deutsch-jüdische Geschichte zwei Gesichter. Während des Mittelalters und der frühen Neuzeit wurden Juden in dieser Region ebenso unterdrückt, verfolgt und vertrieben wie in anderen deutschen und europäischen Staaten. Aber kurze Zeit danach wurden sie immer wieder zurückgeholt und seit dem späten 17. Jahrhundert in die allgemeine Einwanderungs- und Toleranzpolitik miteinbezogen. Ende des l8.Jahrhunderts

setzte die bürgerliche Aufklärungsbewegung in Preußen die erste europäische Diskussion über die Emanzipation der Juden in Gang. Doch ein Jahrhundert darauf wurden hier die politischen und ideologischen Grundlagen für den modernen Antisemitismus gelegt. Dennoch hat gerade im preußischen Staat die jüdische Bevölkerung seit Mitte des l9.Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik eine Phase wirtschaftlichen und kulturellen Aufstiegs erlebt, mit erstaunlichen wissenschaftlichen und künstlerischen Höchstleistungen. Beendet wurde diese Blütezeit durch Vertreibung und brutalen Völkermord, der vor allem von Preußens Boden ausging. Heute wiederum gerät kein Bundesland so häufig in die Schlagzeilen wie Brandenburg durch fremdenfeindliche, rechtsextremistisch motivierte Übergriffe auf Asylbewerber und Schändungen jüdischer Friedhöfe. Indessen - es gibt auch hoffnungsvolle Zeichen. Ein halbes Jahrhundert, nachdem in Deutschland Millionen von Menschen verfolgt und ermordet wurden, hält die Bundesrepublik, in Erinnerung an den Holocaust, ihre Grenzen offen für osteuropäische Einwanderer jüdischer Herkunft, die auch in Brandenburg jüdisches Gemeinschaftsleben wieder möglich gemacht haben.

Beginn der jüdischen Geschichte in Brandenburg

Aber werfen wir erst einmal einen Blick zurück auf die Vergangenheit und den Beginn der deutsch-jüdischen Geschichte im heutigen Brandenburg. Wahrscheinlich haben sich Juden in diesem Gebiet vereinzelt schon im 8., vielleicht auch erst im 10. Jahrhundert niedergelassen. Schlüssig bewiesen ist dies allerdings nicht. Dokumente bezeugen ihre Anwesenheit dort erst für das 13.Jahrhundert. Aus dem Jahr 1244 stammt der älteste jüdische Grabstein auf dem Friedhof in Spandau.

Die erste Judenordnung der Mark Brandenburg wurde 1297 erlassen. Die ersten Juden, die in die Mark Brandenburg kamen, waren während der Kreuzzüge aus den französischen und westdeutschen Gebieten vertrieben worden. Die Markgrafen von

Brandenburg verliehen ihnen Schutzbriefe und Privilegien und förderten ihre Niederlassung auf mancherlei Weise. Gleichwohl stand das Geschick der Juden auch im frühen Brandenburg nicht immer unter einem günstigen Stern. Wie in vielen anderen deutschen Städten wurden Juden in Krisenzeiten zu Sündenböcken gestempelt. Zum

Beispiel bezichtigte man sie 1348/49, beim Auftreten des "Schwarzen Todes", der Brunnenvergiftung, verbrannte ihre Häuser, tötete oder vertrieb sie. Als dann die Wirtschaft stagnierte, weil die jüdischen Kreditgeber fehlten, lud Ludwig von Brandenburg(l3l5-1361) 1352 die Juden zur Rückkehr ein, erlaubte ihnen aber keinen

Hausbesitz. Vielmehr mussten sie in sogenannten Judengassen wohnen und für ihr zunächst nur befristetes Aufenthaltsrecht hohe Gebühren entrichten. Manchmal drängten sogar Geistliche auf die Vertreibung von Juden. Als Prenzlau 1360 dieser

Aufforderung nicht nachkam, verhängte der Bischof von Camin über die Stadt den Kirchenbann - ohne Erfolg, wie die Chronik berichtet. Denn der Magistrat, der die einheimischen Juden vom Markgrafen als Pfand übernommen hatte, wollte auf

das Geld, das ihm durch die Juden zufloss, nicht verzichten.1420 erneuerte Kurfürst Friedrich I. (1372-1440), der die Juden "weise und kluge Leute" genannt hat, ein altes Privileg: Juden wurden der Handel und die Pfandleihe in bestimmten Grenzen gestattet. Ferner wurde ihnen zugestanden, an den Stadttoren keine höheren Zollgebühren als Christen zahlen zu müssen. Doch der Nachfolger Kurfürst Friedrich II. (1413-1471) ließ 1446 das Vermögen der Juden konfiszieren und sie aus der Mark vertreiben. Jetzt war es der Bischof von Brandenburg Stefan Bodeker, der seine Stimme erhob und dafür Sorge trug, dass die Juden wieder aufgenommen wurden.

In der zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts machte das städtische Bürgertum, das in Juden nur lästige Konkurrenten sah, ihnen in verstärktem Maße ihre nicht gerade üppigen Positionen streitig. Auch jetzt wieder dienten religiös gefärbte Beschuldigungen wie angebliche Hostienschändung als Vorwand, um Juden in Misskredit zu bringen, zum Beispiel in der Stadt Knoblauch. Damals starben viele Juden in Folterkammern oder wurden verbrannt.

Neunundzwanzig Jahre später, nachdem Juden "für alle Zeiten" aus dem Lande gewiesen worden waren, gestattete ihnen Kurfürst Joachim II. (1505-1571) die Durchreise durch die Mark Brandenburg und den Besuch der freien Märkte. Da der Kurfürst für seine extravagante Hofhaltung enorme Geldsummen benötigte, förderte er kurz darauf auch die erneute Niederlassung von Juden in der Mark Brandenburg - trotz der heftigen Opposition der Stände. Der Kurfürst wollte vor allem den zum Erliegen gekommenen Handel mit Polen neu beleben und die Münzstätten in Spandau mit dem erforderlichen Silber versorgen. Für ihre Zulassung mussten die Juden diesmal 42.000 Taler bezahlen. Am 3.Februar 1543 soll allerdings die Stadt Frankfurt/Oder die Mitteilung erhalten haben, dass Joachim II. "den Juden in seinen Landen Geleit, Schutz und Sicherheit aufgekündigt und ihnen Pass, Gewerbe und Handlung verboten" habe. Ein Brief Martin Luthers hat angeblich diese Gesinnungsänderung bewirkt. Welche Auswirkungen dieses Schreiben hatte, ist nicht bekannt. Bekannt ist jedoch, dass

Joachim II. Eintreibung und Verwaltung des Geldes dem jüdischen Münzmeister Lippold übertragen hatte. Als der Kurfürst Anfang 1571 starb, ließ sein Nachfolger, Johann Georg, den Münzmeister Lippold sofort verhaften - unter der Beschuldigung, seinen Vorgänger verzaubert und vergiftet und Gelder veruntreut zu haben. 1573 wurde Lippold, obwohl man ihm nichts hatte nachweisen können, zum Tode verurteilt. Nach seiner Hinrichtung erging ein allgemeiner Ausweisungsbefehl an alle Juden in der Mark Brandenburg, für den sie wiederum "starke Abzugsgelder"zu zahlen hatten. Für nahezu hundert Jahre durften sich Juden in Brandenburg nicht mehr sehen lassen. Während dieser Zeit veränderte und vergrößerte sich der brandenburgische Staat durch Erbschaften, durch den Friedensschluss des Dreißigjährigen Krieges und nicht zuletzt durch den Erwerb des Herzogtums Preußen.

Kontinuierliche Anwesenheit seit 1671

Die neuere Geschichte der Juden in Preußen beginnt 1671, als sich der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688) entschloss, fünfzig wohlhabende jüdische Familien, die aus Wien vertrieben worden waren, aufzunehmen, damit sie zusammen mit französischen Hugenotten die vom Dreißigjährigen Krieg entvölkerten Landstriche besiedelten. Es war mithin nicht so sehr der Geist religiöser Duldsamkeit, der Brandenburg-Preußen zum Asyl von Flüchtlingen machte, sondern die Politik der Staatsklugheit, der handfesten Interessen, die diese Einwanderungspolitik bestimmte. Bevölkerungspolitische Ideen spielten dabei ebenso eine Rolle wie finanzielle Motive. Der Kurfürst, der Juden in erster Linie als Kaufleute, Händler und Geldverleiher schätzte, erhoffte sich von ihnen, dass sie nicht nur loyale Untertanen sein, sondern auch die notwendigen Gelder mitbringen würden, um den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes anzukurbeln.

Trotz seiner aufklärerischen Grundhaltung machte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm deutliche Unterschiede bei der Aufnahme verschiedener Volksgruppen in Brandenburg. Während er Niederländer, Hugenotten und andere protestantische Zuwanderer - wie jene aus dem Salzburger Land - ohne bestimmte und einschränkende Auflagen willkommen hieß, mussten die jüdischen Familien, denen er den Zuzug gewährte, ein

Mindestvermögen von 10.000 Talern nachweisen. Gleichzeitig wurde zuwandernden Juden ausdrücklich die Errichtung einer Synagoge verboten. In Privathäusern dagegen waren ihnen Gebet und Zeremonie gestattet mit der Mahnung, "sich alles Lästerns und Blasphemierens bei harter Strafe zu enthalten." Die Nachfolger des Kurfürsten, der Soldatenkönig und der Philosoph von Sanssouci, haben sich nicht viel anders verhalten als der Große Kurfürst. Auch sie orientierten ihre Judenpolitik nicht an der Toleranzidee und dem Prinzip der christlichen Nächstenliebe, sondern an den steuer- und wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten des sich herausbildenden merkantilistischen Industriestaates.

Festzuhalten aber bleibt, dass von dem bekannten Edikt von 1671 an, mit dem der Große Kurfürst Juden Niederlassungsrechte gewährt hatte, die kontinuierliche Anwesenheit einer jüdischen Minderheit im brandenburgisch-preußischen Staat

datiert und die Geburtsstunde mehrerer jüdischer Gemeinden.

Trotz einiger Schönheitsfehler kann die Bevölkerungspolitik des Großen Kurfürsten als durchaus fortschrittlich bezeichnet werden. Immerhin machte ein weiteres Edikt aus dem Jahr 1685 auch Juden offiziell und theoretisch zu gleichberechtigten Bürgern und erlaubte ihnen erstmals den Besuch der Universität. Anders als in den damaligen Nachbarländern wurden Juden in Brandenburg-Preußen als Minderheit akzeptiert, zumindest von der Obrigkeit, weniger jedoch von der einheimischen Bevölkerung und den Kaufleuten und Zünften. An manchen Orten, zum Beispiel in Freienwalde, hat sich die Bevölkerung gegen die Anwesenheit von Juden in ihrem Dorf lauthals gewehrt und beim Kurfürsten protestiert, allerdings vergeblich. Kaufleute und Zünfte beschwerten sich ebenfalls wiederholt beim Kurfürsten. In der "Bittschrift der sämtlichen Innungen in Berlin und Kölln" vom 23.August 1673 heißt es: "Diese Unchristen laufen von Dorfe zu Dorfe, von Städten zu Städten, halten alle Tage Jahrmarkt, dass wir nicht mehr

den Fuhrlohn noch das liebe Brot verdienen." Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm antwortete auf die Klagen zuerst kurz und bündig mit dem Hinweis, dass die Juden mit ihren Handlungen dem Lande nicht schädlich, sondern nutzbar seien.

Aber auf die Dauer blieben die Beschwerden nicht ohne Wirkung auf ihn und erst recht nicht auf seine Nachfolger, zumal die jüdische Bevölkerung durch den Zustrom polnischer Juden in die Mark weiter zunahm. Ohnehin waren der Duldung von Juden immer dort Grenzen gesetzt, wo angeblich christlicher Glaube und christliche Überzeugung tangiert wurden.

Der Nachfolger des Großen Kurfürsten, Friedrich I. (1657-1713) - er war der erste König von Preußen - , schränkte die Rechte von Juden erheblich ein, verlängerte aber ihre Schutzbriefe gegen eine Gebühr von 20.000 Talern (später gab er sich mit 16.000 Talern zufrieden). Sein Nachfolger wiederum, Friedrich Wilhelm I. (1688-l740) , der als knausriger Soldatenkönig in die Geschichte eingegangen ist, war noch härter. 1714

wurde zwar die erste Synagoge in seiner Anwesenheit eingeweiht und der provisorische Aufenthalt der Juden in einen kontinuierlichen umgewandelt, trotzdem befahl der König die Missionierung von Juden - freilich ohne Erfolg. Friedrich Wilhelm I., der "eiserne König", empfand gegenüber Juden eigentlich keine Abneigung. Er betrachtete sie lediglich von fiskalischem Standpunkt aus als Einnahmequelle, die er so ergiebig wie möglich zu halten suchte. Er erfand daher immer neue Judensteuern und hat auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm nur an reichen Juden gelegen war. Die Aufnahmezulassung wurde an den Vermögensnachweis in Höhe von 10.000 Talern gebunden. Nur ein Sohn oder eine Tochter wurden zur Eheschließung zugelassen, die außerdem mit einer hohen Abgabe zu erkaufen war.

Der steigende Finanzbedarf der Herrscher machte die Erschließung neuer Steuerquellen notwendig. Unter diesem Aspekt stand auch die Judenpolitik. Juden wurden zwar immer noch primär unter dem Aspekt der Nützlichkeit gesehen, doch akzeptierte man sie in gewissem Maße allmählich auch als Gesprächspartner. In den Jahren 1700, 1714, 1730 und 1750 wurden in Preußen vier umfassende Judenordnungen oder Generalreglements erlassen, die wesentliche Erleichterungen für preußische Juden vorsahen. Als erstem Juden wurde 1791 Daniel Itzig und seiner Familie wegen besonderer Verdienste um die Krone der preußische Staatsbürgerbrief verliehen.

Toleranz mit Fragezeichen

König Friedrich II. oder der Große (1712-1786) - man nannte ihn auch "den Philosophen auf dem Königsthron" - war zwar tolerant in religiösen Dingen und erklärte 1740, dass in seinem Staat jeder "nach seiner Fasson selig werden" könne, aber gegenüber seinen jüdischen Untertanen war er unduldsam und voller Vorurteile. Fremde Juden wurden nur ins Land gelassen, wenn sie sehr reich waren und sich bereit erklärten, Fabriken anzulegen. 1769 kam die Verpflichtung der Porzellanabnahme hinzu. Um den Absatz der in königliche Verwaltung übergegangenen Gotzkowskyschen Porzellanmanufaktur zu erhöhen, mussten Juden bei allen ihnen erteilten Konzessionen - und welche Lebensäußerung der Juden unterlag nicht einer Konzession? - eine bestimmte Menge Porzellan abnehmen, das, um den Namen der Fabrik zu verbreiten, im Ausland verkauft werden sollte. Besonders schwer von der Porzellanverpflichtung war die kleine Potsdamer Gemeinde

betroffen, die sich gerade erst etabliert und an den Schulden, die ihr durch den kürzlichen Bau ihrer Synagoge entstanden war, zu tragen hatte. Das Porzellangesetz scheiterte an seiner Undurchführbarkeit. Vor allzu großer Armut musste halt auch der große Friedrich die Segel streichen.

Die ganze Härte des absolutistischen Staates richtete sich stets gegen die armen "unvergleiteten" Juden, die sich als Hausierer betätigten. Ihnen wurden immer wieder Zuchthausstrafen und anschließende Abschiebung über die Landesgrenze angedroht. Ohnehin blieb die große Mehrheit der Juden stets im Schatten fürstlicher Gunst, weil sie zu den vom Herrscherhaus geschätzten Dienstleistungen gar nicht in der Lage war. Dementsprechend lebte sie, wie überall, auch in Brandenburg oft in ärmlichen und ungesicherten Verhältnissen.

Sie war nur geduldet, war vielerlei Rechtsbeschränkungen unterworfen und sozial und kulturell von der übrigen Bevölkerung fast vollständig isoliert. Das Leben in den meisten

Synagogengemeinden in den ländlichen Gebieten von Brandenburg verlief auch in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten bürgerlich und wenig spektakulär und war nicht vergleichbar mit der Vielfalt, die in Großstadtgemeinden wie Berlin herrschte. Dagegen ging es den etwa dreihundert Hofjuden, die in Berlin lebten, recht gut.

Potsdamer Gemeinde -Sinnbild für viele kleine Gemeinden

Aber dann begann doch für die einzelnen kleinen Gemeinden in der Mark Brandenburg eine Art Blütezeit. Ein Beispiel für viele ist die Potsdamer Gemeinde. Mit dem 7.August 1730 wurde für die Industrie Potsdams und für die allgemeine Seidenindustrie die Basis für eine neue Ära gelegt. Bahnbrecher dieses Aufschwungs war der aus Prag stammende Schutzjude Hirsch David. Friedrich der Große hatte das Einfuhrverbot

für ausländisches Samt erneuert und ohne Zaudern das Hirsch`sche Privilegium auf weitere zehn Jahre verlängert.

Vielleicht ist das nicht weiter verwunderlich, hatte doch der Erfolg von Hirsch David eine Anzahl unternehmungslustiger Juden veranlasst, sich in Potsdam anzusiedeln und

dort ihr Glück zu suchen, darunter auch eine kleine Schar weniger bemittelter Juden, die als Zwischenhändler, Faktoren oder sonstige Angestellte der Fabriken oder durch Kleinhandel ihr Auskommen fanden, so dass in die Zeit von 1730 bis 1750 die Anfänge einer jüdischen Gemeinde in Potsdam fallen.

Die Gemeinde entwickelte sich langsam, aber stetig. 1760 bekam sie ihr erstes geistiges Oberhaupt, Jechiel Michel, einen Gelehrten aus Polen. Auf sein Betreiben hin wurde 1767 eine Synagoge gebaut mit einem Darlehnszuschuss aus der königlichen Kasse. 1895 zählte die Potsdamer Gemeinde zusammen mit dem späteren Babelsberg 489 Mitglieder und war damit nach Berlin, Frankfurt(Oder) und Landsberg an der Warthe die viertgrößte der Mark Brandenburg, so dass die alte Synagoge nicht mehr ausreichte und eine größere gebaut werden musste.

Am l7.Juni 1903 wurde die Neue Synagoge in Potsdam eingeweiht, "dessen Wert mit dem Verrauschen der Festlichkeiten, dessen Glanz es erhöht hat, nicht vergeht", schrieb Robert Kaelter in seiner im selben Jahr erschienenen "Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Potsdam". Damit erlebte die jüdische Gemeinde in Potsdam einen Höhepunkt ihres religiösen Lebens. Die Synagoge stand nun nicht mehr versteckt hinter einem Hinterhaus, sondern am zentralen Platz der Stadt.

Benachteiligungen trotz Gleichberechtigung

Den Grundstein für den Durchbruch in der Politik gegenüber den Juden legte die Aufklärung mit ihrem Konzept vom staatlichen Erziehungsauftrag. Zu ihren Trägern gehörte der preußische Kriegsrat und Archivar Christian Wilhelm Dohm mit seiner Denkschrift "Über die bürgerliche Verbesserung der Juden" (1781-1783). Die fürstliche Politik, schrieb Dohm, hindere die Juden "glücklichere und bessere Glieder der bürgerlichen Gesellschaft" zu werden. Er ist freilich nahezu der einzige geblieben, der an die Gleichstellung nicht die Erwartung oder gar Forderung nach Aufgabe der jüdischen Religion und Annahme des Christentums knüpfte. Hardenberg, seit 1810 Staatskanzler, wusste ebenfalls, dass Preußen bei seinem Sprung in eine neue Gesellschaftsordnung auf die Schrittmacherdienste von Juden angewiesen war, und konstatierte 1812: "Ich stimme keinem Gesetz zu, das nicht vier Wörter enthält: Gleiche Pflichten, gleiche Rechte". Trotz schöner Worte und guter Absichten, wurde die Zulassung von Juden zu Staatsämtern auf Anordnung des Königs ab 11.März

1812 von Fall zu Fall entschieden.

Anfang des 19.Jahrhunderts schien nach dem Feldzug Napoleons die verfassungsrechtliche Gleichstellung zunächst gesichert. Aus Dankbarkeit hatten sich zahlreiche Juden zum Dienst in den Befreiungsheeren gemeldet. Einer von ihnen, Meno Burg (l790-1853) ,wurde königlich-preußischer Major der Artillerie. Nicht wenige Juden wurden für ihre Tapferkeit dekoriert. Einer erhielt sogar den Pour-le-merite.

Der frische Hauch von Menschenfreundlichkeit und Toleranz, der von Kaiser Joseph II. und seinem 1782 erlassenen Toleranzedikt in Wien ausging, hatte wohl auch in den preußischen Landen Verständnis für die ungerechte und unwürdige Lage der

der Judenemanzipation der Juden geweckt. Die schon angedeutete Aufhebung des Porzellangesetzes sowie die gänzliche Abschaffung des Leibzolls waren die

erfreulichen Folgen. Vor allem wurden seit dem Edikt von 1812 sämtliche Juden als Staatsbürger anerkannt, mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten. Das Edikt verlieh ihnen ferner das Recht, nach eigener Entscheidung in der Stadt oder auf dem Land zu wohnen und akademische Schul-, Lehr- und Gemeindeämter zu bekleiden. Auch wenn die preußischen Juden weit mehr Rechte als die Juden aller anderen Staaten außerhalb des französischen Herrschaftsbereiches erhielten und das preußische Emanzipationsedikt von 1812 stets als ein Meilenstein in der allgemeinen Geschichte der Judenemanzipation betrachtet worden ist, so hörten die Benachteiligungen auch jetzt noch nicht auf. Die unentschiedene staatliche Haltung setzte sich in den folgenden Jahrzehnten fort. Hardenbergs fortschrittliche Judenpolitik wurde durch eine reaktionäre Bürokratie sogar einstweilen zu Fall gebracht. Als Napoleon zurückgedrängt war und die Reaktion auf dem Wiener Kongress ihre Triumphe feierte, musste er resigniert aufgeben. 1822 wurde das Recht zur Bekleidung eines Lehramtes für Juden wieder aufgehoben. Neun Jahre später folgte die Verordnung, ein Jude könne nicht

Bürgermeister werden,und andere Restriktionen. Viele Kriegsteilnehmer fanden nach der Beendigung des Krieges, entgegen den Versprechungen des Staates, aufgrund ihres jüdischen Religionsbekenntnisses keine Verwendung im öffentlichen Dienst, während jenen, die sich taufen ließen, sämtliche Türen offen standen. So wurden auf den Abfall vom jüdischen Glauben indirekt Prämien ausgesetzt.

Längst hatte unter dem Einfluss des Pietismus in Preußen die institutionalisierte Judenmission begonnen. Im 19 .Jahrhundert wurden an vielen Orten Missionsgesellschaften begründet, die auf die Unterstützung des Staates bauen konnten. Ihre Stellung kommt in einem Votum des Finanzministeriums vier Jahre nach dem Emanzipationsedikt von 1812 deutlich zum Ausdruck: "Es wäre zu wünschen, wir hätten keine Juden im Lande. Die wir einmal haben, müssen wir dulden, aber unablässig bemüht sein, sie möglichst unschädlich zu machen. Der Übertritt der Juden zur christlichen Religion muss erleichtert werden, und mit dem sind alle staatsbürgerlichen Rechte verknüpft. Solange der Jude aber Jude bleibt, kann er keine

Stellung im Staat einnehmen." Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) stellte Übertritte zur jüdischen Religion sogar unter Strafe, forderte aber, wie später sein Nachfolger, die

Konversion in die umgekehrte Richtung. Die unter dem Druck der 1848er Revolution verabschiedete preußische Verfassungsrevision kündigte zwar die volle Gleichberechtigung aller Religionsbekenntnisse an, änderte aber vorerst nichts an den verschiedenen Einschränkungen für die 125.000 Juden im Lande. Die volle staatsbürgerliche Gleichstellung der Juden erfolgte erst 1869. Die Bestimmungen des Norddeutschen Bundes gingen dann in die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16.April 1871 ein.

Unter Bismarck, dem ebenfalls antijüdische Vorurteile nicht fremd waren, ließen Staat und Verwaltung nicht ab, sich gegen den Aufstieg von Juden in bestimmte hervorgehobene Positionen zu wehren. Dabei hatten 6000 Juden im deutsch-

französischen Krieg 1870/71 auf deutscher Seite gekämpft. Der Berliner Jude Ludwig Löwe hatte das Heer mit Präzisions-Gewehren ausgerüstet. 448 Juden fielen, 327 erhielten das Eiserne Kreuz. Die Haltung des Eisernen Kanzlers war wenig

eindeutig. Kaiser Wilhelm II. wiederum träumte davon, die Juden nach Palästina zurückzuführen. Obwohl beide mit Juden befreundet waren, so teilten sie doch die antisemitischen Vorurteile ihrer Zeit.

Höchstleistungen auf allen Gebieten

Auch auf jüdischer Seite bemühten sich viele, an die Bewegung der Aufklärung Anschluss zu finden und das Ghetto geistig zu überwinden. Der bedeutendste Vertreter der jüdischen Aufklärung, der Haskala, war bekanntlich der aus Dessau gebürtige und seit 1743 in Berlin lebende Philosoph Moses Mendelssohn (1729-1786). Doch in

Brandenburg war Mendelssohns Einfluss weniger deutlich zu spüren als in Berlin. Für die einzelnen Gemeinden war es oft schwierig, für gute Allgemeinbildung zu sorgen, weil viele noch am orthodoxen Ritus festhielten und jüdische Schulen bevorzugten. Aber auf die Ausbildung Behinderter und Benachteiligter war man auch in der Provinz bedacht. 1873 gründete der Pädagoge Markus Reich (1844-1911) in Fürstenwalde/ Spree die Israelitische Taubstummenanstalt. Zwei wichtige jüdische Kinderheime entstanden in Beelitz und in Caputh.

Eine grundsätzlich neue Entwicklung innerhalb der jüdischen Bevölkerung und auch in den Beziehungen zwischen Juden und Christen zeichnete sich in Preußen seit der Mitte des 18.Jahrhunderts ab. Neben die zahlenmäßig kleine, aber einflussreiche wirtschaftliche Oberschicht der preußischen Juden, die wichtige und einträgliche Funktionen im Dienste des Monarchen und teilweise auch des Adels übernahm, trat

nun nach und nach eine schmale kulturelle Oberschicht aufgeklärter und gebildeter Juden, die die traditionelle Isolierung jüdischen Lebens durchbrach und aktiven Anteil

kulturellen und geistigen Leben der Zeit nahmen. Nach der Emanzipation verband sich ihre Eingliederung in die Gesellschaft mit einem schnellen Aufstieg, der zu wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Höchstleistungen führte.

Die zunehmende Integration und Assimilation der Juden in die deutsche Gesellschaft fand aber auch ein antisemitisches Echo. Ende des 19.Jahrhunderts organisierte der Domprediger Adolf Stöcker eine antisemitische Partei, die 1893 sechzehn Abgeordnete in den Reichstag schicken konnte. Überdies fanden antisemitische Anschauungen verstärkt Aufnahme in die Parteiprogramme neugegründeter konservativer Parteien und in antidemokratische Massenorganisationen wie den 1891 gegründeten Alldeutschen Verband oder den Bund der Landwirte (1893). Nach dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte in Potsdam der Ortsgruppenvorsitzende des stark antisemitisch orientierten "Alldeutschen Verbandes" einen Bericht über das Machwerk "Die Weisen von Zion" und heizte damit antijüdische Stimmungen in der Bevölkerung stark an. 1901 erklärte der preußische Innenminister Schönstedt, er leugne nicht die ausgezeichneten Eigenschaften der jüdischen Anwälte, ihre Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue, aber bei der Ernennung zum Notar könne er nicht das Misstrauen eines großen Teils der christlichen Bevölkerung Juden gegenüber unberücksichtigt lassen. Dabei machte der jüdische Bevölkerungsanteil nicht einmal ein Prozent aus.

Gleichwohl fühlten sich die meisten Brandenburger Juden der deutschen Kultur, dem öffentlichen und politischen Leben sowohl im Kaiserreich als auch in der Weimarer Republik eng verbunden. Nirgendwo in Deutschland konnte sich das assimilierte Judentum trotz aller Anfeindungen und Anfechtungen so günstig entfalten wie in Preußen. Über Jahrhunderte waren Juden aus Landwirtschaft und Handwerk herausgehalten worden, nun erwiesen sie sich für die neuen Aufgaben im Bank- und Immobiliengeschäft, in Industrie, Wissenschaften und den selbständigen Berufen geradezu prädisponiert. Viele Juden zog es in die Hauptstadt. War noch in vielen

Städten der Mark Brandenburg die Zahl der jüdischen Einwohner während der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts angestiegen, so ging sie dann gegen Ende des Jahrhunderts drastisch zurück. In kleineren Gemeinden verschlechterte sich die Situation im 20.Jahrhundert sogar noch weiter.

Jähes Ende

Absturz und Ende jüdischen Lebens durch die Machtübernahme der Nazis im Jahr 1933 erfolgte in einem atemberaubenden Tempo. Mit dem Beginn ihrer Herrschaft fand wie überall auch in Brandenburg die Geschichte der jüdischen Gemeinden ein jähes Ende, ebenso die der Kinderheime und pädagogischen Anstalten. Aus der heilpädagogischen Anstalt in Beelitz wurden Ende April 1942 die Kinder und ihr Lehrer Dr.Sally Bein, der lange Zeit dem Vorstand der Synagogengemeinde angehört hatte,

abgeholt und mit dem Zug nach Warschau ins Ghetto geschickt, wahrscheinlich in den sicheren Tod. Caputh war nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 31.1.1933 zunächst zur Heimstatt jener geworden, die dort Unterschlupf suchten oder sich auf ihre Auswanderung nach Israel vorbereiten lassen wollten. Doch eines Morgens, am 10.November 1938, stürmten wild gewordene Nazis aus dem Ort, unter ihnen Lehrer der Dorfschule mit ihren Kindern, das Landschulheim und trieben Erwachsene wie Kinder innerhalb weniger Minuten in die Flucht.

Neubeginn nach 1945

Nur wenige Brandenburger jüdischen Glaubens hatten den Holocaust überlebt und noch weniger waren in ihre alte Heimat zurückkehrt. Einer von ihnen war Theodor Goldstein. Die meisten starben während der DDR-Zeit oder wanderten aus, ohne dass neue nachgekommen wären. Als Goldstein allein als aktiver Jude in Potsdam übrig blieb, wurde er bis zum Zusammenbruch des Ostblocks von der Schweriner Gemeinde betreut.

Ein hoffnungsvolles Zeichen wurde unmittelbar nach der "Wende" gesetzt, mit der Gründung der Jüdischen Gemeinde Land Brandenburg in Potsdam am 21.März 1991. Die Zuwanderung jüdischer Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion hatte die Neugründung möglich gemacht. Dieser Gemeinde schlossen sich damals nur zwei jüdische Bürger aus Potsdam und Umgebung an. Heute besteht die Gemeinde ausschließlich aus russischen Einwanderern. Seit 1996 ist die Gemeinde nach Umstrukturierungsmaßnahmen und der Gründung neuer jüdischer Gemeinden im Land auch Landesverband für das märkische Bundesland Brandenburg. Denn inzwischen wurden im Land Brandenburg fünf städtische Gemeinden ins Leben gerufen: in Frankfurt an der Oder, der Stadt Brandenburg, in Cottbus, in Barnim und in Potsdam, die alle dem Landesverband angehören, aber, nach ihrer Satzung, eigenständig handeln und ihren eigenen Vorstand und Vorsitzenden haben. Ende des Jahres 1999 zählte der Landesverband des Landes Brandenburg etwa 660 Mitglieder, die allesamt aus der ehemaligen Sowjetunion zugewandert sind und von denen bisher nur wenige durch die von der Landeshauptstadt Potsdam und der Landesregierung unterstützten Initiative "Arbeit statt Sozialhilfe" eine Beschäftigung gefunden haben.

Die 1964 in St. Petersburg geborene Irina Knochenhauer - sie kam 1983 in die damalige DDR - bemüht sich seit 1997 als Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde Land Brandenburg um die Integration der jüdischen Zuwanderer und den Aufbau

jüdischer Gemeindestrukturen. Darüber hinaus engagiert sie sich im Direktorium des Zentralrats und ist seit 1999 auch stellvertretendes (nicht stimmberechtigtes) Vorstandsmitglied der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Im Dezember 1999 wurde sie ferner in das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland gewählt. Zudem wurde ihr vom Präsidenten des Zentralrats das Dezernat "Integration" anvertraut. "Für mich persönlich", sagt Irina Knochenhauer, "ist dies eine große Ehre und Verpflichtung zugleich, zumal ich die erste Kandidatin bin, die aus Ostdeutschland und als Vertreterin der jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion in diese Funktion gewählt wurde."

Vorsitzender des Landesverbandes ist Alexander Kogan. Für ihn war die Anfangszeit besonders schwierig, da sich viele der jüdischen Kontingentflüchtlinge zunächst nur für kurze Zeit in Brandenburg aufgehalten haben. Landesrabbiner ist der in Potsdam lebende orthodoxe Rabbiner Nahum Presman, der 1996 mit seiner Familie aus Israel gekommen ist. Presman gehört der Chabad Lubavitcher Organisation an, die assimilierte und säkularisierte Juden an ein traditionell verstandenes Judentum heranführen will. Für die Jüdischen Gemeinden, in der ausschließlich russischsprachige Mitglieder integriert sind, war es nicht leicht, einen Rabbiner zu finden, der neben Hebräisch die russische und die deutsche Sprache beherrscht. Den Schabbat beging

man in Potsdam lange Zeit in einem Wohnheim. Als die Räume nicht mehr ausreichten, beschloss man vor einigen Jahren, aus der Ruine einer evangelischen Kirche ein Gemeindezentrum zu errichten. Der Umbau der einst christlichen Kirche in eine Synagoge, meinte damals Superintendent Hans-Ulrich Schulz, sei steingewordene Theologie und "sichtbares Zeichen für unsere Einsicht, dass die Kirche ihre tiefsten Wurzeln im Gottesbund mit dem Volk Israel hat." Das klingt gut und war auch sicherlicher so gemeint. Der Plan wurde inzwischen aufgegeben. Wäre ja zu schön gewesen, dieses sichtbare Zeichen der Versöhnung. Jetzt plant man den Bau einer Synagoge am alten traditionellen Standort, Platz der Einheit-ehemals Wilhelmsplatz. Gegenwärtig jedoch werden Schabbat und alle Fest- und Feiertage in einem ehemaligen Schulgebäude begangen. Doch gibt es seit 1998 ein neues Gemeindezentrum in Neu-Fahrland am Ufer des Lehnitzsees, nur wenige Kilometer von Potsdam entfernt. Es hat ausreichend Platz für den Vorstand, den Rabbiner und für die Verwaltung der jüdischen Gemeinde. Täglich von 12 bis 14 Uhr bietet die Gemeinde hier eine Sprechstunde an. Wöchentlich wird in den Räumen Unterricht in Religion, jüdischer Geschichte und Tradition erteilt.

Stolz ist man in der Gemeinde auf die Herausgabe einer eigenen Zeitung: Aleph-Beth. Sie erscheint in regelmäßigen Abständen in russischer Sprache in einer Auflagenhöhe von fünftausend Stück und ist über die Landesgrenzen hinaus so bekannt, dass andere Gemeinden dort schon eigene Seiten einrichten.

Irina Knochenhauer betont die gute Zusammenarbeit mit dem Landesamt und anderen Institutionen. Man organisiert zum Beispiel gemeinsam mit der Fachhochschule Ausstellungen und pflegt engen Kontakt mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Auch mit der Universität Potsdam werden oft gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt. Außerdem haben Wissenschaftler mehrerer deutscher Universitäten an der Universität Potsdam anlässlich des 50.Jahrestages der Wannsee-Konferenz im Jahre 1992 das Moses Mendelssohn-Zentrum für Jüdische Studien ins Leben gerufen. Allerdings fürchtet das Zentrum angesichts drohender Mittelkürzungen gegenwärtig um seine Existenz. Es wird daher erwogen, das Zentrum mit dem Potsdamer Einstein-Forum zusammenzulegen. Im Laufe des Jahres 2000 soll nun auch ein Staatsvertrag für die jüdischen Gemeinden in Brandenburg abgeschlossen werden. Das wird auch höchste Zeit. Denn der Etat der Gemeinde` ist klein. Gegenwärtig zahlt das Land 230.000 Mark im Jahr. Hinzu kommen 300.000 Mark für die Pflege der jüdischen Friedhöfe in Brandenburg. Alles erfreuliche Aussichten, die allerdings hin und wieder getrübt werden, weil die alte Janusköpfigkeit, die die Geschichte des Landes Brandenburg von Anfang an begleitet hat, mitunter ihre gar nicht so fröhlichen, eher recht bedenklichen Urständ feiert, zum Beispiel als sich im Sommer 1997 das Dorf Gollwitz mit 405 Einwohnern, unweit von Berlin, weigerte, fünfzig jüdischen Zuwanderern aus Russland Unterkunft zu gewähren. Ein halbes Jahr später wurde ein Anschlag auf ein Ausländerheim verübt, in dem die Hälfte der dort untergebrachten Menschen Juden waren. Auch Friedhofsschändungen kommen, wie eingangs angedeutet, leider immer wieder vor. Aber vielleicht gelingt es, der jüdischen Gemeinde zusammen mit der Universität Potsdam Vorurteile gegenüber Juden im einzelnen und Fremden im allgemeinen abzubauen und das Miteinander von Juden und Nichtjuden wenn nicht konfliktloser, so doch gewaltloser und friedlicher zu gestalten.

Quellen:

Der Beitrag erschien in "Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums". 39.Jahrgang, Heft 155 - 3.Quartal 2000 und entspricht dem damaligen Stand.


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