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Juden in Hessen
Geschichte und Gegenwart
Im Jahr 1925 beherbergte Frankfurt am Main mit knapp 30.000 jüdischen Einwohnern, nach Berlin, die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland. Aber nicht nur das, durch das politische Gewicht dieser Gemeinde und den Ruf seiner Rabbiner, deren Entscheidungen überall in Europa respektiert und als bindend angesehen wurden, war die Mainmetropole jahrhundertelang ein wichtiges Zentrum jüdischen Lebens. Seine innerreligiösen Auseinandersetzungen waren ebenso wegbereitend für die Ideen der jüdischen Aufklärung, der Haskala, wie die in Berlin. Zu Recht galt die Stadt daher lange Zeit als das "Jerusalem des Nordens".
Die heutige Jüdische Gemeinde Frankfurts kann sich mit der früheren, durch das Nazi-Regime brutal zerstörten Gemeinde zwar nicht messen, gleichwohl ist sie mit ihren mehr als 7000 Juden (von vier hessischen Juden leben etwa drei in Frankfurt) die aktivste Gemeinde in der Bundesrepublik. Bis zur Vereinigung der beiden deutschen Nachkriegsstaaten war Frankfurt unbestritten die Stadt, mit der man jüdisches Leben in Deutschland nach 1945 am ehesten identifiziert hat. Zudem stößt man noch heute hier auf Spuren vergangenen jüdischen Daseins, die deutlich machen, wie segensreich das Wirken vieler Juden Kultur und Wohlergehen dieser Stadt beeinflusst haben. Allerdings war ihr Zusammenleben mit den Frankfurter Nichtjuden nicht immer durch Eintracht, freundschaftliches Miteinander oder fairen Streit geprägt gewesen. Auch davon künden verdeckte Spuren. Man schaue sich nur einmal den Frankfurter Dom an. (Direkt ihm gegenüber befand sich einst die erste Synagoge.) Am Portal des Domes steht Josef in mittelalterlicher Kleidung - mit einem Judenhut. Offensichtlich war ihm die Aufgabe zugedacht worden, Juden zum Konvertieren zu bewegen. War man doch in der Vergangenheit keineswegs gewillt gewesen, selbst in Zeiten nicht, in denen man Juden unter sich duldete, diese ihren Glauben leben zu lassen und in ihrem Selbstverständnis zu akzeptieren. Werfen wir also einen Blick auf die jüdische Geschichte in Frankfurt und in Hessen. Es lohnt sich. Sie ist aufschlussreich genug.
Wahrscheinlich lebten schon seit dem 11.Jahrhundert, zumindest aber seit 1180, Juden in Frankfurt. Im Laufe der nächsten beiden Jahrhunderte entstanden auch im übrigen Bereich des heutigen Hessen eine Reihe von Judengemeinden, wie etwa in Bingen, Lorch, Oppenheim, Friedberg, Münzenberg, Fulda, Fritzlar, Nidda und Wolfhagen. Der nordöstlich von Frankfurt zwischen Friedberg und Hanau gelegene Ort Windecken hatte von 1288 bis 1941, also mehr als 650 Jahre, ununterbrochen einen jüdischen Bevölkerungsteil. In Kassel beginnt die Geschichte der Juden im 13.Jahrhundert. Schon 1262 wird hier eine Judengasse erwähnt und 1318 der Grundbesitz einer Jüdin. Die erste Gemeinde entstand 1398. Vermutlich hat auch in Marburg im 13. und 14.Jahrhundert eine große jüdische Gemeinde existiert. Wie überall in Deutschland kam es auch im heutigen Hessen immer wieder zu Krisen im Zusammenleben zwischen Juden und Christen sowie zu Verfolgungen und Vertreibungen der Juden. Eine der Verfolgungswellen begann Ende März 1349 mit einem Massaker in Fulda und erreichte ihren traurigen Höhepunkt mit der Ermordung der Gelnhauser Juden und der Vernichtung der Frankfurter Judengemeinde und einer Reihe kleinerer Gemeinden in der Umgebung. Nur wenigen Juden gelang die Flucht. Nach einiger Zeit kam es sporadisch wieder zu ersten jüdischen Ansiedlungen, 1360 in Frankfurt und 1368 in Kassel.
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