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Die Gefahr zu spät erkannt

Zu Zeiten Heinrichs IV. fühlten sich die Juden so sicher - ähnlich wie Jahrhunderte später viele ihrer Nachfahren zu Beginn des Dritten Reiches -, dass sie ihr Leben nicht in Gefahr sahen, selbst dann nicht, als zu Beginn des Ersten Kreuzzuges die Nachricht von der Verfolgung der Juden in Rouen und Metz zu ihnen drang.

Mit den Kreuzzügen von 1096 bis 1099 kam es dann auch in der heutigen Rheinpfalz, in Mainz, Speyer und Worms, zu einem regelrechtem Abschlachten der Juden und zur Auslöschung ihrer Gemeinden. Der Vorsteher der Mainzer Judengemeinde aus der Familie Kalonymus schickte Boten an Heinrich IV.,der sich gerade in Italien aufhielt, und erwirkte einen kaiserlichen Erlass,der allen geistlichen und weltlichen Fürsten auferlegte, die Juden zu schützen. Kaiser Heinrich IV., der bereits bei der Erwähnung, jemand wolle den Juden Böses zufügen, in Zorn geraten sein soll, erlaubte den zwangskonvertierten Juden zu ihrem Judentum zurückzukehren - trotz der Proteste des Papstes.

Doch nicht einmal die Intervention Heinrichs IV. vermochte den Gewalttätigkeiten der Kreuzfahrer auf die Dauer Einhalt zu gebieten. Da die Übermacht der mit der Bürgerschaft vereinigten Kreuzfahrerbanden groß war, gab es für die Juden zuletzt nur noch die Alternative: Tod oder Taufe. In Mainz sollen 1100 Juden ihre Angehörigen und sich getötet haben, um der Taufe zu entgehen. In Worms verloren etwa 800 Juden ihr Leben. Die Juden von Mainz konnten sich zunächst, dank des energischen Eingreifens von Bischof Johann I. (1090-1104), erfolgreich behaupten. Der Erzbischof verteilte sie auf sieben Orte der Umgebung. Die jüdischen Chronisten waren des Lobes voll für den Bischof Johann von Speyer. "Denn er war ein Rechtschaffener unter den Gojim und der Allgegenwärtige gab ihm das Verdienst unserer Befreiung."

Ähnlich wie in Mainz,Worms und Speyer erging es den Juden in Koblenz, in Trier und in den übrigen Moselorten. Anfangs erklärte sich auch der Bischof von Trier bereit, für Juden sein Leben zu riskieren. Dann jedoch versagte er ihnen seinen Schutz. "Euer Gott will euch jetzt nicht mehr retten, wie er es in früheren Tagen getan hat", meinte er. Die Juden waren fassungslos über den Wortbruch des Bischofs, aber auch über die Veränderung jener Menschen, "die uns nahe und uns bekannt waren". Wie in unserem Jahrhundert zur Zeit des Nationalsozialismus wurden die Juden von ihren Nachbarn von einem Tag auf den anderen schmählich im Stich gelassen. In Trier entschlossen sich viele zur Taufe und folgten damit dem Beispiel ihres Rabbiners Micheas, der erklärt hatte, "es sei besser Christ zu sein, als Tag und Nacht für sein Leben zittern zu müssen". So wurde ein beträchtlicher Teil der Gemeinde der Stadt Trier über die Wirren des Jahres 1096 hinweggerettet.


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