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Schwarze Sappho der östlichen Landschaft

So war es eigentlich kein Wunder, dass Rose Ausländer schon früh mit Literatur und Philosophie in Berührung kam. Die Dichterin in ihr erwachte allerdings erst während der zwanziger Jahre, als sie in Amerika als einfache Bankangestellte ein bescheidenes Dasein fristete und sich den Eindrücken der Großstadt hilflos ausgeliefert sah. Von jenem Zeitpunkt an wurden für sie Schreiben und Dichten unentbehrlich und im Kellerversteck während der Nazizeit geradezu lebensrettend. "Wir zum Tode verurteilten Juden waren unsagbar trostbedürftig. Und während wir den Tod erwarteten, wohnten manche von uns in Traumworten - unser traumatisches Heim in der Heimatlosigkeit. Schreiben war Leben/Überleben", dichtete Rose Ausländer über diese Epoche.

In jungen Jahren hatte sie Literaturwissenschaft und Philosophie studiert, das Studium aber nach einem Jahr wieder abgebrochen. Sie verliebte sich in ihren Studienkollegen Ignaz Ausländer - beide gehörten einem Zirkel an, der sich mit den Werken Spinozas beschäftigte. Nach dem Tod des Vaters wanderte sie aus wirtschaftlichen Gründen, auf Drängen der Mutter, zusammen mit Ignaz nach Amerika aus. Dort heiraten sie 1923,

ließen sich jedoch nach drei Jahren scheiden. Sie hatte sich, so sagt man, in der Ehe gelangweilt. In Amerika hielt sie sich als Bankangestellte finanziell über Wasser und

war gleichzeitig als Journalistin und Schriftstellerin tätig. Tagebuch hatte Rose Aiusländer übrigens schon seit dem 17.Lebensjahr geschrieben. Als die Mutter in den dreißiger Jahren schwer erkrankte, kehrte sie nach Europa zurück. Sie pflegte ihre kranke Mutter und erfuhr in der Beziehung zu dem Graphologen Helios Hecht die Liebe ihres Lebens.

Zudem hatte sie inzwischen die Bekanntschaft mit Alfred Margul-Sperber, gemacht, dem Entdecker Paul Celans. Margul-Sperber war Redakteur des "Czernowitzer Morgenblatts" und publizierte dort ihre ersten Gedichte, die ihn zu dem Urteil veranlasst hatten, diese "schwarze Sappho unserer östlichen Landschaft" habe "ein denkendes Herz, das singt." Auch sorgte er dafür, dass 1939 ihr erster Gedichtband "Der Regenbogen" erscheinen konnte. Die Presse der Bukowina äußerte sich enthusiastisch. Auch Manfred Hausmann und Hans Carossa bekundeten ihre Wertschätzung für Rose Ausländers Gedichte. Ein Erfolg beim großen Publikum blieb ihr jedoch versagt. In Deutschland wurde das Buch einer Jüdin ohnehin nicht mehr zur Kenntnis genommen. Im Krieg ging dann die Restauflage des Gedichtbandes verloren sowie ihre Tagebücher, Lyrikmanuskripte und Essays über Spinoza, Constantin Brunner, Platon und Freud. Rose Ausländers zweiter Gedichtband "Blinder Sommer" konnte erst 1965 veröffentlicht werden.

Doch kehren wir zurück in die schlimmen Jahre der Nazizeit, in denen kaum ein Land in Europa von den braunen Barbaren verschont blieb.


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