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Rückkehr nach Europa und später Ruhm

1964 kehrte sie dann endgültig nach Europa zurück, zuerst nach Wien - zwischendurch unternahm sie zahlreiche Reisen - und ließ sich schließlich in Düsseldorf nieder. 1972 zog sie ins Nelly-Sachs-Haus, dem Elternhaus der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf.

Noch lange nach ihrer Rückkehr galt die Dichterin als Geheimtipp. Das änderte sich erst, als Helmut Braun 1975, auf der Suche nach unbekannten Autoren für seinen neu gegründeten Verlag, ihren Weg kreuzte. Rose Ausländer hatte mittlerweile das 74.Lebensjahr erreicht. Braun hatte Rose Ausländer bis dahin auch noch nicht gekannt, obwohl sie schon sechs Bücher veröffentlicht hatte, aber eben nur in einer Gesamtauflage von knapp 3000 Exemplaren und das auf über 40 Jahre verteilt. Der Gedichtband "Blinder Sommer" hat, wie die geringe Zahl der Rezensionen beweist, kaum Resonanz gefunden. Noch fünfzehn Jahre nach der Erstpublikation war das Buch im Buchhandel erhältlich, obwohl es nur in einer Auflage von fünfhundert Exemplaren erschienen war. Dabei halten Kenner gerade diese Veröffentlichung für die bedeutendste ihrer Bücher, bestimmt durch das Gedenken an den "Aschensommer" der Judenverfolgung.

Von nun an hat Braun Rose Ausländer beraten und betreut, ihr Gesamtwerk herausgegeben und ihre Biographie verfasst, denn die Dichterin hatte sich dem jungen Verleger gegenüber sehr aufgeschlossen gezeigt und war schnell bereit gewesen, mit

ihm zusammenzuarbeiten. Heute verwaltet Helmut Braun Rose Ausländers literarischen Nachlass. Da sie, als sich beide kennenlernten, schon an Arthritis litt und die Hände ihr den Dienst versagten, hat Braun während ihrer letzten Lebensjahre all ihre Gedichte zu Papier gebracht, die zuvor in ihrem Kopf, nicht selten zu nachtschlafender Zeit, entstanden waren. Braun war - das bekannte er kürzlich in einem Rundfunkinterview - von Anfang an von Rose Ausländer fasziniert gewesen, von ihrer ungeheuren kreativen Kraft, die sie ausstrahlte. Körperlich habe sie zwar schwach und hinfällig gewirkt, doch sei sie ganz im Gegensatz dazu eine sehr starke Persönlichkeit gewesen mit großer Vitalität und Durchsetzungskraft, auch noch als sie ab 1978 ständig bettlägerig war.

Obwohl sie seit jener Zeit das Zimmer nicht mehr verlassen konnte, wuchsen von nun an ihre Wirkungs- und Publikationsmöglichkeiten. Seit 1974 erschien zu ihren Lebzeiten kontinuierlich jedes Jahr mindestens ein Gedichtband. Heute liegen ihre gesammelten Werke in einer achtbändigen Ausgabe vor. Ihre Arbeiten wurden ins Englische, Französische, Tschechische und Hebräische übersetzt. Auch an Preisen und Ehrungen für die Autorin hat es nicht gefehlt. So erhielt sie beispielsweise den Droste-Preis der Stadt Meersburg 1967, 1977 den Ida-Dehmel-Preis sowie den Andreas-Gryphius-Preis und 1986 den Literaturpreis des Verbandes evangelischer Büchereien. Marie Luise Kaschnitz rühmte ihre "kühne und traurige Stimme."

In ihrer späten Lyrik verbinden sich Sensibilität und Intellektualität, Phantasie und Ratio.


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