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Skeptisch und unabhängig
Der neue Literaturnobelpreisträger V.S.Naipaul
Als am 11.Oktober 2001 gegen 13 Uhr aus Stockholm die Meldung kam, dass der in Trinidad geborene und in England lebende Schriftsteller V.S.Naipaul - die beiden Kürzel lauten ausgeschrieben Vidiadhar Surajprasad - den diesjährigen Literaturnobelpreis erhalten werde, waren Erstaunen und Verblüffung keineswegs so groß wie im vergangenen Jahr, als dieser Preis an den weltweit unbekannten, im Pariser Exil lebenden chinesischen Schriftsteller Gao Xingjian ging. Immerhin gilt Naipaul schon seit etwa fünfzehn Jahren als Anwärter auf diesen Preis. Zudem kennen die meisten bei uns, die sich mit der Literatur befassen, seinen Namen, wenn auch, wie sich jetzt herausgestellt hat, nur selten seine Bücher.
Zu diesen gehörte beschämenderweise, wie ich zugeben muss, auch meine Wenigkeit, und so beschloss ich, dies sofort zu ändern, nachdem ich erfahren hatte, dass die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften Naipaul als neuzeitlichen Aufklärungsschriftsteller würdigt und ihn für Werke auszeichnet, "die hellhöriges Erzählen und unbestechliches Beobachten vereinen und uns zwingen, die Gegenwart verdrängter Geschichte zu sehen". Doch als ich wohlgemut und voll neugieriger Erwartung auf die zu erwartende Lektüre die von mir bestellten Bücher von Naipaul in der Buchhandlung abholen wollte, war die Enttäuschung groß. Keine seiner Veröffentlichungen, die in den vergangenen Jahren auf deutsch erschienen sind, ist zurzeit vorrätig. Weder die Titel "Eine islamische Reise. Unter den Gläubigen" noch "An der Biegung des großen Flusses", "In einem freien Land", "Auf der Sklavenroute", "Land der Finsternis" oder "Ein Weg in der Welt". Die bisher bei uns veröffentlichten Bände - es sind noch nicht einmal die aktuellsten - müssen alle nachgedruckt werden und haben eine Lieferzeit von mindestens sechs Wochen. Wie gut, dass sich in den Regalen eines Antiquariats einige verstaubte Exemplare befanden, die mir einen ersten Zugang zu Naipaul und seinem Werk ermöglichten.
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