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6.Judasevangelium

Vor mehr als dreißig Jahren wurde in Ägypten das sogenannte lange verschollene Judasevangelium gefunden. Doch erst 2006 sind die dreizehn geretteten Seiten des Fragments übersetzt und analysiert worden. Das neu gefundene Evangelium legt nahe, dass Judas keineswegs ein Verräter war.

Hier sieht Jesus in Judas einen Helfer. Judas hilft Jesus seine Mission zu erfüllen. Zugleich warnt ihn Jesus auch:"Du wirst verflucht werden von den Jüngern und den anderen Menschen." Judas als Vollender des göttlichen Plans auch hier.

Das Judasevangelium soll um 150 von einem Unbekannten verfasst worden sein. Der griechische Kirchenvater Irenäus erwähnt es im Zusammenhang mit einer gnostischen Gruppierung, die neben dem Brudermörder aus den ersten Kapiteln der Bibel auch den Verräter Judas verehrte. Es ist das Jahr 170 nach Christus. «Adversus haereses» lautet der Titel von Irenäus' Streitschrift: Gegen die Ketzer. Darin brandmarkt der Theologe einen besonderen Teufelsschrieb: das Evangelium des Judas. Er hat das Buch in der christlichen Gemeinde von Gallien entdeckt, und entsetzt stellt er fest, welche Legende des zwölften Apostels da herumgeht: Judas, der Verräter, erscheint als Held.

Ohne Verrat keine Erlösung, ist die Botschaft. Judas erscheint hier in einem völlig neuen Licht entgegen der Bibeldarstellung.

Aber Irenäus kritisiert das Dokument als ein Dokument der Gnosis, deren Anhänger glaubten, die Welt sei ein Hort des Bösen, dem es zu entrinnen gilt.

Berthold Seewald, ein Publizist von heute, sieht im Judas-Evangelium einen neuen Beleg für die Buntheit des Christentums vor seinem Aufstieg zur Weltreligion. Die spätere Hochkirche aber habe die Gnostiker und ihre Lehren verdammt und in den Untergrund getrieben.

Der Vatikan und die offizielle christlichen Kirchen lehnen auch heute das Judas-Evangelium ab.

Israelische Zeitung wie "Maariv" und Haaretz" begrüßten dagegen die Entdeckung des Judas-Evangeliums, weil hier eine neue Version des Verrats an Jesus geboten wird. Das Massenblatt "Jedioth" jubelt, "wir haben Jesus nicht verraten", immerhin hat sich auf die neutestamentliche Darstellung des Judas der christliche Antisemitismus gegründet. Antijüdische Stereotype von Heimtücke bis Habgier haben hier ihre Wurzeln.

Doch enttäuscht berichtet "Maariv" von der Reaktion aus Rom: "Vatikan hartnäckig; Judas nicht rehabilitiert." Erst nach dieser Schlussfolgerung erinnert die Zeitung an eine andere Schrift: "Nostra aetate", die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils, die wenn schon nicht Judas, zumindest die Juden vom Jesusmord freispricht.

Aber das Verhalten des jetzigen Papstes Benedikt XVI. ist doch in dieser Hinsicht recht zweideutig. (Verhalten in Auschwitz, mehr oder weniger hat er das 2.Vatikanische Konzil aufgeweicht, die Aufhebung des Exkomunikation der Lefebvre-Anhänger und anderes mehr.) Der Antijudaismus ist noch keineswegs verschwunden genauso wenig wie der Antisemitismus.

Die Princeton-Professorin Elaine Pagels kommt in ihrem mit Karen L.King gemeinsam verfassten Buch "Judas und der Kampf ums wahre Christentum" zu einem anderen positiven Ergebnis. Das Judas-Evangelium, meint sie, hat ein höheres Menschenbild als das traditionelle Christentum vor Augen. Der Weg ins Himmelreich führt danach nicht über Glauben, Frömmigkeit und göttliche Gnade, sondern über Erkenntnis und geistiges Wachstum. Es bietet den Vorteil, ein Menschenbild mit gleichsam unendlichen Aufstiegsmöglichkeiten vorzustellen, unabhängig von theologischen Begriffen wie Sünde, Gnade und Glaube, die nach Nietzsche nur dazu geschaffen waren, den Menschengeist klein zu halten. Denn Nietzsche hat zeitlebens für die Einsicht gekämpft, das vom Menschen bislang nicht hoch genug gedacht wurde, und daran sei das dogmatische Christentum schuld. Aber, so die amerikanische Autorin, aus dem Judas-Evangelium können wir herauslesen, dass Christentum nicht immer Erniedrigung vor Gott bedeuten muss.

Kurt Marti;

"Abendland"

schöner Judas

da schwerblütig nun

und maßlos

die sonne

ihren untergang feiert

berührst du mein herz

und ich denke dir nach

ach was war

dein EINER verrat

gegen die VIELEN

der christen der kirchen

die dich verfluchen?

ich denke dir nach

und deiner

tödlichen trauer

die uns beschämt.


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