Biedermeierlichkeit in der Bundesrepublik
Genug der Beispiele für unbiedermeierliches Verhalten in der Biedermeier-Zeit. Gleichwohl lebt Biedermeierlichkeit als Mentalität und Haltung noch fort, bei manchen Bildungsbürgern, Beamten, Handwerksmeistern und all jenen, die sich aus der Politik heraushalten und sich nicht engagieren, sondern sich nur um das eigene kleine Glück bekümmern. Biedermeierlicher Alltag und kleinbürgerliche Geborgenheit machen sich halt nicht nur in Diktaturen breit - wie in der Metternich-Ära, im Hitler-Regime und im SED-Staat -, sondern auch in Demokratien, wenn sich allzu viele bedingungslos anpassen und jedes Infragestellen, jedes Umdenken und jede Veränderung für verwerflich halten. Erinnert sei nur an die späten fünfziger Jahren, als Adenauer mit der Losung regierte "Keine Experimente". Erinnert sei auch an die Stagnation in der langen Kohl-Ära. Die Gefahr, dass wir versuchen, uns biedermeierlich einzurichten, droht uns auch gegenwärtig, und das um so mehr, je komplizierter und undurchschaubarer die wirtschaftlichen und politischen Prozesse und Systeme um uns herum werden. Doch wie wir gesehen haben, Subversives und Zukunftsweisendes gedeiht immer und überall, und eben das lässt hoffen.