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Was aber ist oder war der Expressionismus?
Er war eine künstlerische Bewegung, die im frühen 20.Jahrhundert besonders in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern, als Kunst des seelischen Ausdrucks dem Impressionismus entgegentrat und alle Künste erfasste, nicht nur die Malerei, die Bildende Kunst und die Literatur, sondern auch die Architektur, die Schauspielkunst, den Tanz, die Musik und den Film.
Der Expressionismus wurde von der damaligen jungen deutschen Schriftsteller-Generation getragen. Die meisten von ihnen waren zwischen 1875 und 1895 geboren worden. So sehr sich auch die einzelnen in ihren Ausprägungen und künstlerischen Arbeiten individuell unterschieden, so stimmten sie doch in der Radikalität ihrer Kunsttheorie und Kunstpraxis überein, mit der sie die Tradition durchbrachen.
Der Begriff selbst wurde 1911 von Herwarth Walden, dem damaligen Ehemann von Else Lasker-Schüler, geprägt und zwar im Zusammenhang mit der 22.Ausstellung der "Berliner Sezession" zur Bezeichnung der Bilder junger französischer Maler (Braque, Derain, Dufy, Picasso, Vlaminck).
- 1914 hat Walden übrigens in seiner "Sturm"-Galerie die erste Einzelausstellung Chagalls organisiert. Chagalls Bilder fanden sofort Sammler und Käufer. Chagall wurde auf der Rückreise in seine weißrussische Heimatstadt Witebsk vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht. Er kam erst 1922 wieder nach Berlin. Inzwischen waren die fast zweihundert Werke verkauft worden. Allerdings hatte die Inflation den Erlös dahinschmelzen lassen. Später wurden seine Werke von den Nazis als Inbegriff "Entartete Kunst" denunziert und aus den deutschen Museen entfernt. -
Kurt Hiller hat den Begriff Expressionismus dann als erster auf die jungen Dichter übertragen. Er schreibt u.a.: "..wir sind Expressionisten. Es kommt uns wieder auf den Gehalt, das Wollen, das Ethos an." Davon war weder im Impressionismus noch im Naturalismus jemals die Rede gewesen.
Ausgelöst wurde die Bewegung durch das Erlebnis der inneren Krise vor dem Ersten Weltkrieg. Den aufmerksamen Geistern war nämlich schon um die Jahrhundertwende um 1900, dann durch den Krieg selbst und spätestens seit 1918 klar, dass die wilhelminische Gesellschaft aus den Fugen geraten oder vielmehr erstarrt war und sich überall eine innere Leere breit machte.
Die Jugend protestierte gegen die autoritäre wilhelminische Vater-Gesellschaft, durch die sie sich als Außenseiter diskriminiert fühlte. Das Ende des Krieges 1918 und die fehlgeschlagene deutsche Revolution brachten dann den Höhepunkt des Gefühls, an einer Zeitwende zu stehen. Was damals geschah, bestimmte die politische und die literarische Entwicklung auf viele Jahre hinaus.
Eines der aufschlussreichsten Dokumente für die damalige Krisenerfahrung in einer veränderten Welt ist ein Vortrag von Hugo Ball. Hier nennt er drei Faktoren, die die Kunst jener Tage "bis ins Tiefste erschütterten": Die von der kritischen Philosophie vollzogene Entgötterung der Welt - schon Max Weber hatte von der Entzauberung der Welt durch Technik und Wissenschaft gesprochen -, die Auflösung des Atoms in der Wissenschaft und die Massenschichtung der Bevölkerung im heutigen Europa. Damit sind philosophie-, wissenschafts- und sozialgeschichtliche Umwälzungsprozesse angesprochen, die für das expressionistische Krisenbewusstsein konstitutiv waren.
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