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Pazifismus prägte den Expressionismus
Später nach dem Ersten Weltkrieg und auch schon während der Kriegsjahre prägte außerdem noch der Pazifismus den Expressionismus. Zunächst hatte allgemein lautes patriotisches Getöse den Ausbruch des Krieges begrüßt, während Hermann Hesse für seinen berühmt gewordenen Aufsatz "O, Freunde nicht diese Töne" heftig angegriffen wurde. Der kriegsbegeisterten Stimmung der Bevölkerung konnten sich anfangs selbst die Künstler nicht entziehen. Oskar Kokoschka, Rudolf Leonhard, Franz Marc und Ernst Toller meldeten sich als Kriegsfreiwillige. Andere wie Alfred Lichtenstein, Ernst Wilhelm Lotz oder Reinhard J.Sorge drückten feierlich ihre "Schicksalsbereitschaft" aus.
Der Krieg wurde als kulturrevolutionäres Ereignis gefeiert, schien er doch all jene Werte zu verwirklichen, die der Expressionismus der Welt des mittlerweile vierzigjährigen Friedens so aggressiv entgegengestellt hatte. Man hoffte jetzt auf die Realisierung einer Gesellschaft, die die Isolation des Künstlers überwindet, auf eine Vitalität, die die bisherige Dekadenz aufhebt, sowie auf die Zunahme von politischer Verantwortlichkeit, die den bis dahin sozial unverbindlichen Ästhetizismus verabschiedet.
Schon ein Jahr danach findet man kaum mehr einen, dem Expressionismus nahe stehenden Intellektuellen oder Künstler, der mit Pro-Kriegsäußerungen an die Öffentlichkeit getreten wäre. Eigene Kriegserlebnisse hatten viele nachdenklich gemacht wie etwa Ernst Toller. Viele waren gefallen. Auch Künstler wie August Macke, Franz Marc, Albert Weisgerber, die Dichter August Stramm und Alfred Lichtenstein haben den Krieg nicht überlebt. Die Kunde von Materialschlachten an der Front, von der Zerstörungskraft der neuen Kriegstechniken und vom Massensterben in den Schützengräben - man denke nur an das Morden bei Verdun - hat viele Expressionistischen umgestimmt. Überdies hatte ihre anfängliche Kriegsbegeisterung oft nur wenige Monate angedauert. Ja, man darf mit Fug und Recht behaupten, dass die aktiven Pazifisten während des Ersten Weltkrieges zu weiten Teilen aus der expressionistischen Bewegung stammten.
So entstand im Expressionismus der pazifistische Ruf nach einer übernationalen und überreligiösen Gemeinschaft der Menschen. Ein Beleg hierfür sind Ludwig Rubiners "Der Mensch in der Mitte" (1917), seine Anthologie "Kameraden der Menschheit" (1919) und Ernst Blochs "Geist der Utopie" (1918).
Jüdisches Wesen und deutsche Sprache, so sah es Alfred Wolfenstein, begegneten und vereinigten sich auch hier in einer besonders intensiven Weise.
Der starke Anteil jüdischer Autoren äußerte sich ferner in einer dichterischen Mystik, bei Paul Adler, Simon Kronberg, Arno Nadel, Efraim Frisch und Martin Buber. Der Expressionismus ist recht vielgestaltig, und im Grunde hätte fast jeder der expressionistischen Künstler ein eigenes Kapitel verdient. Wir müssen uns hier mit simplen Aufzählungen begnügen.
Als Lyriker traten hervor: Johannes R.Becher, Gottfried Benn, Ernst Blass, Max Brod, Albert Ehrenstein, Georg Heym, Jakob van Hoddis, August Stramm, Georg Trakl, Franz Werfel und Paul Boldt.
Als Erzähler wirkten Alfred Döblin, Kasimir Edschmid, Carl Einstein, Leonhard Frank, Klabund, Gustav Sack, Ernst Weiß und Hans Leypold.
Am reinsten kommt der Expressionismus zweifellos in der Lyrik, und zwar in monologischen Reflexionen und in schwelgenden Tönen, zum Ausdruck. Ein in formaler Hinsicht nicht weniger uneinheitliches Bild als in der Lyrik zeigt auch die Prosa des expressionistischen Jahrzehnts. Das Drama besteht dagegen oft aus einer visionären Aneinanderreihung von 'Stationen', in denen apsychologisch gezeichnete Bekenner-Helden agieren, vor allem bei Ernst Barlach, Reinhard Goering, Walter Hasenclever (Der Sohn 1914) Hanns Henny Jahn, Hanns Johst, Georg Kaiser (Die Bürger von Calais 1914), Paul Kornfeld, Reinhard Johannes Sorge, Carl Sternheim, Ernst Toller und Fritz von Unruh.
Ernst Tollers literarischer Ruhm wuchs im Siegeslauf des expressionistischen Dramas. Als ehemaliger Vorsitzender des Zentralrates der Bauern- und Soldatenräte und Heerführer einer Roten Armee war er 1919 wegen Hochverrats zu mehreren Jahren Festungshaft verurteilt worden. Während der Haft von 1920 bis 1924 schrieb er seine wichtigsten expressionistischen Dramen, wie "Masse Mensch" und das Anti-Kriegsstück "Der deutsche Hinkemann", in denen er seine durch die Kriegserlebnisse erlangte pazifistische Haltung umsetzte. Von ihm stammte eine Reihe von Gedichten und kritischen Schriften, die Tollers pazifistische und seine antifaschstische Haltung eindrucksvoll dokumentieren.
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