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Alttestamentlicher Hintergrund

Der "Vater" ist ein Roman, der auf dem Hintergrund alttestamentlicher Weisheitsdichtung einen Herrscherspiegel, ein Modell gesellschaftlicher Ordnung und zwischenmenschlicher Beziehungen schafft, eine Utopie, die allerdings rückwärts gewandt, in einem abgeschlossenen historischen Zeitraum angesiedelt ist.

Die Wahl der biblischen Losungsworte ist in jeder Hinsicht der Schlüssel dieses Romans. Der Roman ist ein Gleichnis dafür, wie göttliche Ordnung sich als gesellschaftliche realisiert. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Gehalt des Buches und hinzugefügten Bibelworten. Klepper hat sich die neutestamentlichen Zitate offenbar versagt, weil er den Stoff aus der preußischen Geschichte auf die israelitischen Königsgeschichten, die geschichtliche Materie auf das Alte Testament bezogen hat.

In der Tat ist Friedrich Wilhelm I.für Klepper das Vorbild eines christlichen Königs, eines Königs von fast alttestamentlichen Zügen: von Gott wird der König zu seinem Königs- und Vateramt bestellt. Der König unter Gott, der Vater unter der Not seines Gewissens, der Mensch unter dem Leid seiner Schuld - das war es, was ihn an der Gestalt des Königs faszinierte.

"Der Vater" ist schon rein stofflich die Vita eines bibelfesten und bibelgläubigen Königs, der sich in 'seiner' Bibel auskennt und mit ihr lebt wie kaum ein anderer. Selbst im nüchternen Alltag begleitet ihn das Wort der Heiligen Schrift. Die Bibel prägt die Gedanken und die Reden Friedrich Wilhelms. Oft ist kein Unterschied zwischen seinen Worten und denen der Bibel auszumachen. Klepper zeigt, wie der Biblizismus des Königs ganzes Sein erfüllt. Biblische Zitate, Redensarten und Wendungen lässt er im Text der Dichtung nicht als Fremdkörper erscheinen, sondern wie selbstverständlich dastehen.


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