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Beginn der jüdischen Geschichte in Brandenburg

Aber werfen wir erst einmal einen Blick zurück auf die Vergangenheit und den Beginn der deutsch-jüdischen Geschichte im heutigen Brandenburg. Wahrscheinlich haben sich Juden in diesem Gebiet vereinzelt schon im 8., vielleicht auch erst im 10. Jahrhundert niedergelassen. Schlüssig bewiesen ist dies allerdings nicht. Dokumente bezeugen ihre Anwesenheit dort erst für das 13.Jahrhundert. Aus dem Jahr 1244 stammt der älteste jüdische Grabstein auf dem Friedhof in Spandau.

Die erste Judenordnung der Mark Brandenburg wurde 1297 erlassen. Die ersten Juden, die in die Mark Brandenburg kamen, waren während der Kreuzzüge aus den französischen und westdeutschen Gebieten vertrieben worden. Die Markgrafen von

Brandenburg verliehen ihnen Schutzbriefe und Privilegien und förderten ihre Niederlassung auf mancherlei Weise. Gleichwohl stand das Geschick der Juden auch im frühen Brandenburg nicht immer unter einem günstigen Stern. Wie in vielen anderen deutschen Städten wurden Juden in Krisenzeiten zu Sündenböcken gestempelt. Zum

Beispiel bezichtigte man sie 1348/49, beim Auftreten des "Schwarzen Todes", der Brunnenvergiftung, verbrannte ihre Häuser, tötete oder vertrieb sie. Als dann die Wirtschaft stagnierte, weil die jüdischen Kreditgeber fehlten, lud Ludwig von Brandenburg(l3l5-1361) 1352 die Juden zur Rückkehr ein, erlaubte ihnen aber keinen

Hausbesitz. Vielmehr mussten sie in sogenannten Judengassen wohnen und für ihr zunächst nur befristetes Aufenthaltsrecht hohe Gebühren entrichten. Manchmal drängten sogar Geistliche auf die Vertreibung von Juden. Als Prenzlau 1360 dieser

Aufforderung nicht nachkam, verhängte der Bischof von Camin über die Stadt den Kirchenbann - ohne Erfolg, wie die Chronik berichtet. Denn der Magistrat, der die einheimischen Juden vom Markgrafen als Pfand übernommen hatte, wollte auf

das Geld, das ihm durch die Juden zufloss, nicht verzichten.1420 erneuerte Kurfürst Friedrich I. (1372-1440), der die Juden "weise und kluge Leute" genannt hat, ein altes Privileg: Juden wurden der Handel und die Pfandleihe in bestimmten Grenzen gestattet. Ferner wurde ihnen zugestanden, an den Stadttoren keine höheren Zollgebühren als Christen zahlen zu müssen. Doch der Nachfolger Kurfürst Friedrich II. (1413-1471) ließ 1446 das Vermögen der Juden konfiszieren und sie aus der Mark vertreiben. Jetzt war es der Bischof von Brandenburg Stefan Bodeker, der seine Stimme erhob und dafür Sorge trug, dass die Juden wieder aufgenommen wurden.

In der zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts machte das städtische Bürgertum, das in Juden nur lästige Konkurrenten sah, ihnen in verstärktem Maße ihre nicht gerade üppigen Positionen streitig. Auch jetzt wieder dienten religiös gefärbte Beschuldigungen wie angebliche Hostienschändung als Vorwand, um Juden in Misskredit zu bringen, zum Beispiel in der Stadt Knoblauch. Damals starben viele Juden in Folterkammern oder wurden verbrannt.

Neunundzwanzig Jahre später, nachdem Juden "für alle Zeiten" aus dem Lande gewiesen worden waren, gestattete ihnen Kurfürst Joachim II. (1505-1571) die Durchreise durch die Mark Brandenburg und den Besuch der freien Märkte. Da der Kurfürst für seine extravagante Hofhaltung enorme Geldsummen benötigte, förderte er kurz darauf auch die erneute Niederlassung von Juden in der Mark Brandenburg - trotz der heftigen Opposition der Stände. Der Kurfürst wollte vor allem den zum Erliegen gekommenen Handel mit Polen neu beleben und die Münzstätten in Spandau mit dem erforderlichen Silber versorgen. Für ihre Zulassung mussten die Juden diesmal 42.000 Taler bezahlen. Am 3.Februar 1543 soll allerdings die Stadt Frankfurt/Oder die Mitteilung erhalten haben, dass Joachim II. "den Juden in seinen Landen Geleit, Schutz und Sicherheit aufgekündigt und ihnen Pass, Gewerbe und Handlung verboten" habe. Ein Brief Martin Luthers hat angeblich diese Gesinnungsänderung bewirkt. Welche Auswirkungen dieses Schreiben hatte, ist nicht bekannt. Bekannt ist jedoch, dass

Joachim II. Eintreibung und Verwaltung des Geldes dem jüdischen Münzmeister Lippold übertragen hatte. Als der Kurfürst Anfang 1571 starb, ließ sein Nachfolger, Johann Georg, den Münzmeister Lippold sofort verhaften - unter der Beschuldigung, seinen Vorgänger verzaubert und vergiftet und Gelder veruntreut zu haben. 1573 wurde Lippold, obwohl man ihm nichts hatte nachweisen können, zum Tode verurteilt. Nach seiner Hinrichtung erging ein allgemeiner Ausweisungsbefehl an alle Juden in der Mark Brandenburg, für den sie wiederum "starke Abzugsgelder"zu zahlen hatten. Für nahezu hundert Jahre durften sich Juden in Brandenburg nicht mehr sehen lassen. Während dieser Zeit veränderte und vergrößerte sich der brandenburgische Staat durch Erbschaften, durch den Friedensschluss des Dreißigjährigen Krieges und nicht zuletzt durch den Erwerb des Herzogtums Preußen.


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