Die Jüdische Gemeinde zu Kassel
Auch in Kassel war das Schicksal der jüdischen Gemeinde vom Wohlwollen der jeweiligen Herrscher abhängig. 1524 verwies Landgraf Philipp der Großmütige die Juden für kurze Zeit des Landes. Doch schon 1532 wurde ihnen der Aufenthalt in Hessen wieder erlaubt, nachdem 1530 Michel Jud of Berenburg für zehn Jahre als Hofbankier zugelassen worden war. 1539 wurde die Zahl der Juden auf einige Familien und ihre Tätigkeit auf nur wenige Berufszweige beschränkt. Unter ihnen gab es einen Arzt und einige Seidensticker. Jetzt wurde eine neue, verhältnismäßig milde Judenordnung erlassen, in der der Landgraf Philipp von Hessen die Bestimmungen des Römischen Rechts in einem für Juden günstigeren Sinne auslegte. Glaubte er doch, er könne auf diese Weise die jüdische Minderheit in das Christentum integrieren und sie als Juden unversehens von der Bildfläche verschwinden lassen. So verfügte er, dass Juden jeden Sonntag die christlichen Gottesdienste besuchen sollten. Ähnliche Anstalten traf hundert Jahre später, 1647, die regierende Landgräfin Amalie Elisabeth. Die Eschweger Juden mussten zum Beispiel alle sechs Wochen auf dem Rathaus erscheinen, um sich durch christliche Geistliche im Christentum unterweisen zu lassen. Wer sich nicht einfand, wurde hart bestraft. Um den Bekehrungsversuchen der Landgräfin Amalie Elisabeth zu entgehen, kehrten nicht wenige Juden ihrem Heimatort den Rücken. Subtiler fiel dagegen die Diffamierung der Juden durch Christian Dohm aus. Dohm, ein Freund von Moses Mendelssohn und Dozent am Carolinum in Kassel, veröffentlichte 1781 die Schrift: "Über die bürgerliche Verbesserung der Juden", in der er die angeblichen Mängel des jüdischen Charakters auf den Druck zurückführte, unter dem Juden bisher leben mussten. Dohm forderte die bürgerliche Gleichstellung von Juden, denn durch sie werde, meinte er gönnerhaft, ihre "sittliche und religiöse Hebung von selbst erfolgen."