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Juden im hessischen Odenwald
In Michelstadt,dem Handelsmittelpunkt des Odenwaldes, erschienen die ersten Juden um 1560 als Pächter der gräflichen Münze. Ihre Hauptaufgabe war nicht das Prägen von Geld, sondern die Beschaffung von Silber für die Münzherstellung, wobei ihnen ihre internationalen Beziehungen zustatten kamen. Um 1658 bestand die Judengemeinde Michelstadt aus zwei Familien und erreichte ihren höchsten Stand um 1860 mit rund 200 Seelen. Im übrigen Kreisgebiet hatten sich ab 1680 in Höchst, ab 1700 in Bad König, ab 1760 in Neustadt, ab 1800 in Reichelsheim und in Beerfelden ebenfalls kleine jüdische Gemeinden gebildet, die im Bezirksrabbinat Michelstadt zusammengefasst waren und von diesem betreut wurden. In Erbach haben dagegen nie Juden gewohnt, obwohl sich das Grafenhaus Erbach ihrer Dienste in Geldangelegenheiten gern bediente.
Manchmal zeigten sich die weltlichen Herrscher gegenüber den in ihrem Herrschaftsbereich ansässigen Juden humaner und christlicher als ihre Untertanen und die erlauchte Geistlichkeit. Als die Städte 1657 den Landgrafen zur Vertreibung der Juden aufforderten, trat er diesem Ansinnen mit der Bemerkung entgegen: "dass die Juden aus dem Lande vertrieben und unter den Christen nicht mehr geduldet werden, ist göttlichen und menschlichen Rechten zuwider." 1694 bestimmte der Landgraf Ernst von Hessen-Rotenburg: "Des Scheltens auf die Juden haben sich die christlichen Prediger in den Predigten zu enthalten."
Mit der Französischen Besetzung nahm die Geschichte der hessischen Juden nicht nur in Frankfurt eine für sie durchaus erfreuliche Wendung. Nach 1807 wurde Kassel Residenz des Königreichs "Westphalen" unter Jérôme Napoleon, der als erster Herrscher im hessisch-nassauischen Raum die Gleichberechtigung der Juden verwirklichte. Als "König von Westphalen" erließ er am 15.November 1807 eine Verfassung, die sämtlichen Bürgern Gleichheit vor dem Gesetz und freie Religionsausübung garantierte und verabschiedete am 27.Januar 1808 ein Dekret, das allen "Untertanen, welche der mosaischen Religion zugetan sind", zusicherte, dass sie die gleichen Rechte und Freiheiten wie die übrigen Untertanen genießen dürften.
Die im Großherzogtum Frankfurt sesshaften Juden wiederum wurden durch Karl Theodor von Dalberg mit dem Organisationspatent vom 16.August 1810 den christlichen Bürgern theoretisch gleichgestellt. Allerdings mussten sie die künftige Freiheit von allen Sonderabgaben mit der hohen Ablösesumme von 440000 Gulden bezahlen.1824 schlossen die jüdische Gemeinde und der Rat der Stadt einen Kompromiss. Den Juden wurde der Status "Israelitischer Bürger" zuerkannt, der einer weitgehend privat-rechtlichen Gleichstellung mit den christlichen Bürgern entsprach. Doch wichtige politische Rechte wurden ihnen weiterhin verwehrt. Auch einige demütigende Bestimmungen wurden beibehalten. Weniger günstig verlief um diese Zeit die Entwicklung in Kassel. Nachdem das westfälische Zwischenspiel 1813 mit der Niederlage Napoleons zu Ende gegangen war, erklärte der Kurfürst nach seiner Rückkehr die Emanzipation der Juden für null und nichtig.
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