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Kafkas Tagebücher und Briefe
Kafkas Beziehung zum Judentum wird vor allem aus seinen Briefen und Tagebüchern deutlich. Seit 1910, dem Beginn der Tagebucheintragungen, wird ein mit Unterbrechungen andauerndes Interesse Kafkas an jüdischen und religionsphilosophischen Problemen im Tagebuch dokumentiert. In einem 1921 geschriebenen Brief an Max Brod spricht Franz Kafka von "dem Verhältnis der jungen Juden zu ihrem Judentum" und von "der schrecklichen inneren Lage dieser Generation" und meint: "Weg vom Judentum, meist mit unklarer Zustimmung der Väter (diese Unklarheit war das Empörende), wollten die meisten, die deutsch zu schreiben anfingen, sie wollten es, aber mit den Hinterbeinchen klebten sie noch am Judentum des Vaters und mit den Vorderbeinchen fanden sie keinen neuen Boden. Die Verzweiflung darüber war ihre Inspiration." Kafka beschreibt damit ein Übergangsstadium zwischen Tradition und Assimilation, in welchem die überlieferten Werte radikal in Frage gestellt wurden. Verschärft wurde die Identitätskrise durch den wachsenden Antisemitismus. Es mangelt nicht an Briefstellen, die Kafkas Distanz zum Judentum und zugleich seine intensive Beschäftigung damit gerade aus dieser Distanz belegen. "Ich bin Erinnerung, die lebendig geworden ist", schrieb Kafka in den Tagebüchern. Seine Tagebücher und sein Briefwechsel sind umfangreicher als sein Erzählwerk. In ihnen und in seinen Aphorismen ist sein profundes Wissen nachzulesen.
In seinen Tagebüchern und Briefen, in denen er den Versuch einer jüdischen Selbstbestimmung unternommen hat, zeigt Kafka eine beinahe perverse Neugier für das verblüffende Geheimnis des orthodoxen Judentums.
In den Tagebüchern und Briefen erscheint von 1912 an immer wieder das Wort "Angst": Angst vor dem Einbruch der Außenwelt in die eigene Wirklichkeit, Angst, auch diese innere Freiheit durch Schuld zu zerstören und Reue gegenüber einem nicht gelebten Leben. Angst vor dem Nichts, hierin ist Kafka Kierkegaard sehr ähnlich. Unter Lüge versteht er den Ausdruck der Angst, dass man von Wahrheit erdrückt werden könnte. "Es ist die Projektion der eigenen Kleinheit, der Sünde, vor der man sich fürchtet."
Kafka litt, bekennt er in einem Brief an Milena, an der "Ängstlichkeit des Juden".
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