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Antisemitische "Scherze"

Allerdings können jüdische Witze außerhalb ihres Kontextes kaum verstanden werden. Zudem ist es keineswegs belanglos, ob ein Witz von außen her das Judentum verspottet oder von innen her durch Juden selbst. Nur die von ihnen erzählten Witze sind als jüdische Witze ernst zu nehmen. Die anderen Witze, die von Fremden über Juden gemacht werden, sind meistens brutale Schwänke und antisemitische Zoten, in denen in der Vergangenheit, insbesondere im Wilhelminischen Kaiserreich, der Alltagsantisemitismus zum Vorschein kam und durch die sich die Bevölkerung schon lange vor dem Holocaust an eine despektierliche Behandlung der Juden gewöhnt hatte. Manchmal genügte freilich auch ein belustigter Seitenhieb oder bloße Herablassung, um Juden zu verunglimpfen. Was freilich jüdische Selbstironie und Melancholie an Scherzen erfunden haben, das war ins Antisemitische übertragen, oft von beleidigender, ja tödlicher Schärfe. Leider sind heute noch oder schon wieder, vor allem nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, derartige Witze im Umlauf. Nicht selten kreisen sie in törichter und makabrer Weise ums "Vergasen" und "Verheizen" von Juden.

In der ansonsten seriösen Literatur wurden Juden ebenfalls vielfach verhöhnt und zu Schachern, Betrügern, Ausbeutern und Geizhälsen gestempelt. Man denke nur an die Romane von Gustav Freytag und Wilhelm Raabe. Von welcher Qualität sind hingegen die Verse von Wilhelm Busch? "Kurz die Hose, lang der Rock", dichtete er und fügte hinzu: "Schöner ist doch unsereiner." Nimmt Busch hier die antisemitischen Vorurteile seiner Umwelt aufs Korn, oder drückt er, was bei diesem Spötter und Zyniker kaum anzunehmen ist, nur seine eigene Meinung aus? Heinrich Böll jedenfalls meinte, der Humor von Busch sei antisemitisch und spekuliere auf das widerwärtige Lachen des Spießers, dem nichts heilig sei und "der nicht einmal intelligent genug ist, zu bemerken, dass er in seinem fürchterlichen Lachen sich selbst zu einem Nichts zerlacht."


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